Seikowski, K.; Was ist Pädophilie?; Sexualmedizin; 1999(12), 327 - 332
In der letzten Zeit häufen sich im Fernsehen und in der Presse Berichte über „Kinderschänder“. Die Begriffe Pädophilie, sexueller Missbrauch, sexueller Missbrauch von Kindern, Täter, Kinderprostitution, Perverse, Sexualverbrecher, Sexmonster, Sexverbrecher, Sexgangster, Sexualmörder, Sexmörder, Pädokriminalität beziehungsweise Pädo-Selbsthilfegruppen als „Sex Kongress der Kinderschänder“ werden so gebraucht, als handele es sich um ein und die gleichen Personen beziehungsweise um ein und das gleiche Phänomen. Dabei sieht die Wirklichkeit ganz anders aus (...).
Gleichermaßen werden sexuelle Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen aber auch sehr kontrovers diskutiert. Die extremsten Polarisierungen werden von Vogel und Amendt vertreten: Während Amendt (...) diese Kontakte als inzestuöse Beziehungen versteht, spricht Vogel (...) von „Staatsgewalt gegen Kinder“. Es sei nicht zulässig, Kindern vorzuschreiben, welche Form von Sexualität ihnen zustehe. Es wird erforderlich, genau zwischen diesen einzelnen Begriffen zu unterscheiden.
O’Carroll, Thomas; Kindliche »Unschuld« ist kein Ideal; Sexuality & Culture; April 2018
Malón (2015) kam zu dem Schluss, dass die üblichen Argumente gegen sexuelle Beziehungen zwischen Er-achsenen und Kindern vor der Pubertät nicht ausreichen, um deren moralische Zulässigkeit unter allen Umständen auszu-schließen. Diese postulierte Lücke versuchte Malón (2017) 2 mit Tugendethik zu füllen. Diesen ugendethikansatz im zweiten von Malóns Fachartikeln fechtet der vorliegende Aufsatz an, indem er

(1) die Ansicht in Frage stellt, dass Sex ein außergewöhn-licher Teilaspekt der Moral ist, der eines Tugendansatzes bedarf,
(2) die Ansicht in Frage stellt, dass die Tugendethik greift, wo andere Argumente gegen die Zulässigkeit von sexuellen Kind-Erwachsenen-Beziehungen scheitern, und
(3) geltend macht, dass solche Beziehungen im Lichte eines anderen Tugendverständ-
nisses tugendhaft erscheinen können